Mit Güterwagen in den Frühling
Die Leningrader hungerten und froren und ringsherum starben unzählige Menschen, doch das Leben ging weiter. Den größten Anteil daran hatten auch im Verkehrsbetrieb die Frauen. Sie waren in den Werkstätten, beim Gleisbau und natürlich auf den Wagen tätig.
Im ersten Blockadewinter hatte sich soviel Eis, Schnee und Unrat angesammelt, daß die Stadt im Frühjahr von einer Epidemie bedroht war. Am 8. März, dem internationalen Frauentag begannen Tausende mit Spaten und Picken bewaffnete Frauen mit dem Aufräumen der Stadt. Sie befreiten Straßen, Gleise und Höfe von Schnee und Eis.
Ende Februar 1942 wurde klar, das die Stromversorgung wieder so hergestellt war, daß ein geringer Straßenbahnverkehr aufgenommen werden konnte. Ab dem 10.März verließen die ersten Gütertriebwagen das Güterdepot am Moskowskij Prospekt (heute Depot Nr.1), um die Einwohner beim Aufräumen der Stadt zu unterstützen. Mit Hilfe von mehr als 300.000 meist weiblichen Helfern und der Straßenbahn wurde das Schreckensszenario einer Epidemie verhindert. Über 1 Mio. Tonnen Schnee und Unrat wurden aus der Stadt geschafft.[1] Doch die Menschen mußten weiter zu Fuß gehen, da die Personenwagen immer noch regungslos in den Depots standen. Aber auch das sollte bald ein Ende haben.
[1] SALISBURY, Harrison E.: 900 Tage, Die Belagerung von Leningrad, S.497 und GORLIN, Juri N.: Leningradskij tramwaj 1941-1945, S 120ff.
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