Der Anfang vom Blockadeende
Am 18. Januar 1943 ist die Konterattacke der Roten Armee an der Festung Schlüsselburg erfolgreich. Der Blockadering wird nach mehr als zweieinhalb Jahren durchbrochen. Ende Februar sind die Folgen nun auch endlich in der Stadt zu spüren. Züge aus dem Kernland bringen Lebensmittel und die Versorgungsnormen können deutlich erhöht werden. Doch die Bombardierung der Stadt geht weiter und wird noch verstärkt. Der Artilleriebeschuß erreicht seinen Höhepunkt. Beim Verkehrsbetrieb reagiert man auf die verstärkten Angriffe mit der Umverlegung von 132 Haltestellen an Kreuzungen tiefer in die Straßen hinein.
Trotz allem wuchs das Liniennetz weiter. Die Linien 13 (ab 23.Februar 1943), 6 (21.Mai 1943) und 23 (2.Juni 1943) erschließen nun auch wieder den Nordosten Leningrads. Für die Einwohner an den Außenstrecken werden kurze Zubringerlinien mit Pendelwagen eingerichtet. Die berühmteste dieser Linien ist wohl die zum Kirow-Werk, in dem die Panzer für die Front hergestellt werden. Ein Zug aus einer Dampflok und zwei Beiwagen pendelte, bereits lange vor der Aufnahme des Straßenbahnverkehrs zwischen dem Narva-Tor und dem Werk immer hin und her. das Gebiet um das Werk herum war der am schlimmsten beschossene Stadtteil und die Straßenbahn endete hier nur wenige Meter von der Frontlinie entfernt.
Die Arbeiter nannten den Zug „Жди меня и я вернусь - Wart´auf mich und ich komme wieder", eine Gedichtzeile, die wohl jedem Russen bekannt ist. Und wieder hatten die Leningrader einen "Straßenbahnmythos" geboren. I.W. Kaljagin, der Verantwortliche für die Flugabwehr des Kirowskij-Bezirkes erinnert sich: "Straßenbahnen fuhren in unserem Bezirk nicht, genau wie in der ganzen Stadt. Doch die erfinderischen Kirowzy [dt.: Mitarbeiter des Kirow-Werkes] nutzten eine Dampflok des Betriebs. Obwohl sie erst am Kirow-Werk pfeift, lächelt man am Narwa-Tor schon `... unser Guter kommt` ... Liebevoll nannten wir ihn: `Warte auf mich, ich komme wieder´"[1]. Natürlich war diese Zeile eine Anspielung, erstens auf die Seltenheit mit der dieser Zug fuhr, aber zweitens vor allem auf die Lebensgefahr, in die sich die Arbeiter täglich begaben, wenn sie in diesen Zug einstiegen. Als auch diese Strecke wieder elektrifiziert wurde, fuhr hier ein Wendezug aus zwei MS-Triebwagen.
[1] GORLIN, J.N.: Leningradskij tramwaj 1941-1945, S.90
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