Geschichte erfahren
Die historischen Wagen des Straßenbahnmuseums
Das Sankt-Petersburger Verkehrsunternehmen “Gorelektrotrans” verfügt über eine der größten historischen Fahrzeugsammlungen Russlands. Von allen in Sankt-Petersburg, Petrograd und Leningrad eingesetzten Großserienfahrzeugen ist ein Exemplar erhalten geblieben. Zu verdanken ist dies aber nicht unbedingt den öffentlichen Stellen. Im Gegenteil, meist durch private Initiative der Mitarbeiter konnten diese Wagen erhalten bleiben.
Der Beginn der Museumssammlung Sankt-Petersburgs / Leningrads datiert auf den 29. September 1967, als im Leonov-Depot (Depot Nr.2) auf der Wassilij-Insel die erste umfängliche Schau zur Geschichte der Straßenbahn eröffnet wurde. Anlass war das 60. Jubiläum der Elektrischen Straßenbahn, das man an diesem Tag feierte. Zuvor waren allerdings bereits Wandzeitungen und kleinere Sammlungen in einzelnen Depots vorhanden, die sich aber lediglich mit dem jeweiligen Betriebshof befassten.
Das Museum des Leonov-Depots war Anstoß für die anderen Depots, ihre Sammlungen zu kleinen Betriebsmuseen zu erweitern, von denen sich bis heute die Sammlungen der Depots Nr.1, 3, 5 und 7 vor Ort erhalten haben. Mit der Schließung der anderen Depots wurden deren Kollektionen zum großen Teil an das zentrale Archiv übergeben, große Teile der Bibliotheken gingen aber auch verloren.
Anfang der 90er Jahre fing man an, neben historischen Dokumenten und Utensilien auch über den Erhalt historisch wertvoller Fahrzeuge nachzudenken. Glücklicherweise standen auch zu diesem späten Zeitpunkt noch Arbeitswagen zu Verfügung, die aus Fahrzeugen zahlreicher Generationen umgebaut worden waren. Lediglich aus der umfangreichen Flotte der englischen Brush-Wagen hatte sich kein Fahrzeug erhalten.
Es war eine Gruppe um den Chef-Ingenieur des Volodarskij-Depots A. Ananev, die mit der Aufarbeitung von historischen Wagen begann. Es war wohl der Zug aus MS 2642 und MSP 2384, der als erster wieder aufgebaut wurde und den Grundstein legte, für eine der größten historischen Fahrzeugsammlungen Russlands. Der Großteil der heute vorhandenen historischen Fahrzeuge wurde 1997 von der örtlichen Straßenbahnfabrik (PTMZ) wieder auf- bzw. zurückgebaut. Hierbei handelt es sich um die Wagen der Typen LM-33/LP-33, LM-47/LP-47, LM-49/LP-49, LM-57 und LM-68. Trotz der straßenbahnfeinlichen Politik der letzten Jahre, ist die Samlung der historischen Fahrzeuge weiter gewachsen. Weitere Fahrzeuge des Typs MS und dessen Modifikationen kamen hinzu und auch Wagen die noch im Einsatz stehen (LM-68M) bzw. vor kurzem noch im Einsatz standen, sind inzwischen Teil der Kollektion (LWS-89, LWS-93 und KTM-5). Auch zahlreiche Trollejbusse sind nun vorhanden und zum Teil auch wieder aufgebaut. Seit dem Jahr 2000 ist die historische Sammlung auf dem Gelände des denkmalgeschützten Leonov-Depots untergebracht, aus dem am 29. September 1907 die erste Elektrische auf Strecke ging.
Der offizielle Status als „Museum des elektrischen Nahverkehrs“ wurde am 1. Juni 2008 verliehen, einem Moment, als das Depot selbst längst nicht mehr in Betrieb war. Pläne eines Investors, zu Bau eines Hotels und eines Vergnügungs-Komplexes werden inzwischen konkret und bedrohen vehement die Existenz des geschützten Depots und der Sammlung des Museums. Es ist davon auszugehen, dass die einmalige Chance zur Schaffung eines authentischen Museums in Sankt Petersburg vertan wird. Die historischen Fahrzeuge, die bereits wieder aufgebaut worden sind, werden sicher auf andere Depots verteilt werden können – zur Aufarbeitung vorgesehene Wagen (hier vor allem zahlreiche historische Arbeitswagen) werden die Umstrukturierung aber wahrscheinlich nicht überleben.
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