Die Wagen des Typs MB (motorny Brush - Triebwagen der Firma Brush) sind, wenn man von den beiden Tatra T-2 absieht, die nur kurze Zeit in Petersburg waren, die einzigen ausländischen Fahrzeuge. Produziert wurden sie von der 1865 gegründeten Waggonfabrik Brush in Loughborough (GB). Die Fabrik war zu diesem Zeitpunkt einer der wichtigsten Lieferanten von Straßenbahn- wagen im vereinigten Königreich und auch für Betriebe auf dem europäischen Kontinent. In das Zarenreich hatte man bis dato allerdings noch nicht geliefert.
Die russische Hauptstadt bestellt diese zweiachsigen Fahrzeuge wahrscheinlich vor allem aus Prestigegründen, gab es doch zu diesem Zeitpunkt bereits Waggonfabriken in Russland.
Diese ausgesprochen modernen Wagen bildeten den Grundstock für die neue elektrische Straßenbahn. Insgesamt wurden zwischen 1907 und 1908 190 dieser Wagen per Schiff nach St. Petersburg gebracht. Sie hatten alle von Anfang an verglaste Plattformen, die allerdings seitlich offen waren. Einzig ein klappbares Gitter verhinderte das Herausfallen der Passagiere. Der Fahrer war den klimatischen Bedingungen also auch hier ausgesetzt.
Eine Holzwand in der Mitte des Wagens teilte die erste und die zweite Klasse voneinander. Der Fahrgastraum selbst verfügt über je fünf Fenster (zwei große und drei kleine), die sich im Sommer durch herunter schieben öffnen ließen. Der Wagenkasten besteht aus einem Metallgerippe, alle weiteren Aufbauten waren aus Holz gefertigt.
Lange Zeit gab man sich besonders mit der Lackierung dieser Wagen große Mühe. Die rote Grundlackierung war mit aufwendigen Zierstreifen und einem Wappen versehen. Die weiße Unterseite der Seitenwand trug die Aufschrift “Während der Fahrt ist das Ein- und Aussteigen verboten”. Auch wurde zusammen mit diesen Wagen die aufwendige Gestaltung der Wagennummern eingeführt, die man sich wohl aus England abgeschaut hatte. Diese Tradition wurde Anfang der 80er Jahre aufgeben, wird aber heute teilweise wieder praktiziert.
Da man Anfangs nicht mit einer starken Nachfrage rechnete, wurden keine Beiwagen in England bestellt. Schnell stellte sich aber heraus, das die Petersburger das neue Verkehrsmittel gut annahmen. Ein Beiwageneinsatz wurde notwendig. Im Jahre 1908 baute man daher 80 Pferdebahnwagen zu Beiwagen (PK - prizepnyj konki - Beiwagen des Pferdebahntyps)) um, die bis 1926 im Liniendienst standen. Zusätzlich fertigte das Petersburger Putilov-Werk zweichsige Beiwagen (PD - prizepnyj dvouchstoronyj - Zweirichtungsbeiwagen) in Anlehnung an die Brush-Wagen. Dies waren die ersten Straßenbahnwagen überhaupt, die aus Petersburg kamen. Sie trugen die Nummern 601-650 und waren bis in die 50er Jahre im Einsatz. Außerdem kamen Beiwagen der Nachfolgeserien PU (651-670) und PG (671-690).
Mit dem Produktionsbeginn der Ganzstahlwagen des Typs MS, gab es erneut einen erheblichen Bedarf an Beiwagen. Daher wurden zwischen 1925 und 1926 insgesamt 95 Triebwagen des Typs MB zu Beiwagen umgebaut. Sie erhielten die Bezeichnung PBf (prizepnoj tipa Brush s fonarnoj krishoj - Beiwagen des Brush-Typs mit Laternendach). Die Fahrgestelle beließ man.
Zwischen 1939 und 1940 wurden 88 dieser Beiwagen wiederum umgebaut. Man nahm ihnen das Laternendach und tauschte es gegen ein einfaches Dach, analog zu den MS-Wagen und auch die Fahrgestelle wurden augebaut und durch Freiachsen ersetzt. Einige dieser Wagen wurden auch zu Einrichtungsfahrzeugen umgebaut.
Bis heute hat sich leider kein Fahrzeug der ersten Generation erhalten, sie wurden alle verschrottet. Allerdings dienten die Zeichnungen der Brush-Wagen auch den Konstrukteuren in der UdSSR. Die ersten MS-Wagen wiesen eine erstaunliche Ähnlichkeit zu ihren Vorgängern auf. Daher konnte aus einem MS-1 1982, zum 75 Jubiläum der elektrischen Straßenbahn, ein Replik der Brush-Wagen nachgebaut werden. Man darf nur nicht zu genau hinsehen...
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